Versuchsmodell für das geplante „Deutsche Stadion“ (Hirschbachtal bei Hersbruck)

Vom Herbst 1937 bis Kriegsbeginn im Jahre 1939, etwas weniger als zwei Jahre, wurde in Oberklausen im Hirschbachtal bei Hersbruck (ca. 40 km östlich von Nürnberg) an einem 1:1-Teilmodell aus Holz gebaut. Über die Jahre wurde das Modell erweitert.

Im Internet sind genug Fotos zu sehen, die den damaligen Bauzustand zeigen. Wir sind wieder die ersten, die diese Motive in die Jetzt-Zeit transformieren. Wie würde die Tribüne optisch jetzt, nach 75 Jahren, im Damals/Jetzt-Vergleich wirken? Wir geben die Antworten.

Anmerkungen:
1. Von der Ideologie des Nationalsozialismus distanzieren wir uns. Wir zeigen die historische Seite; und den künstlerisch-architektonisch-planerischen Aspekt
2. Wir sind froh, dass das „Deutsche Stadion“ in Nürnberg letztlich nicht gebaut wurde: eine gigantische Verschwendung von Geld, Material, Maschinen und menschlicher Arbeitskraft
3. Der Tod und das Leid von Menschen wären dafür in Kauf genommen worden: die Konzentrationslager Flossenbürg, Mauthausen, Natzweiler und Groß-Rosen wurden ab 1938 wegen ihrer Nähe zu Granit-Vorkommen errichtet (graue, rote bzw. weiße Farbe).
4. Natzweiler und Groß-Rosen wurde auf Initiative von Albert Speer errichtet. Dafür hätte man ihn 1946 in Nürnberg zum Tode verurteilen müssen.


ZU DEN EINZELNEN MOTIVEN (13 Stück):

Als Einstieg der Drohnenblick auf den „Stockbühl“ oder „Hohen Berg“ – von rechts. Wir blenden den idealen Bauzustand ein (der rechte Modellblock wurde bis Kriegsbeginn nicht fertig gebaut). Die Fundamente für die beiden Tribünen liegen jetzt links unter den Bäumen verborgen.
Die Tribünen waren jeweils 10 Meter breit und erreichten eine (Sitz-)Höhe von rund 82 Metern (links) bzw. 76,6 Meter (rechts). Die rechte Tribüne hatte einen Neigungswinkel von 30 Grad, die linke von 27,2 Grad. Das linke Segment wurde zuerst gebaut.

Hier der Drohnenblick von links auf den Hang. Der Attika-Aufbau auf der linken Tribüne sowie der Modellblock für die Außenfassade sind noch nicht fertig gebaut.
Die Tribünen gingen damals über die jetzige Straße hinaus. Rechts ist der damalige Fußweg hinauf zum großen Nebenmodell zu sehen (Außenansicht des Stadions).
Im Hintergrund ist der Ort Achtel zu sehen; dieser wurde am 21. April 1945 bei Kämpfen nahezu zerstört. Das Holz der Tribünen wurde nach 1945 für dessen Wiederaufbau verwendet.

Dieses Motiv zeigt das komplette „Deutsche Stadion“ im Maßstab 1:1 am Hang in Oberklausen – mit den knapp 128 Meter hohen Türmen (inkl. Figuren). Die hufeisenförmige Außenfront war bis zum Attika-Abschluss knapp 100 Meter hoch. Unsere Größenangaben beziehen sich auf die Planungen des Jahres 1940. So war das Stadion final geplant – im Fundament und im Gebäudekern mit unzähligen (Klinker-)Ziegeln und außen mit grauen (Sockelgeschoss) und roten Granitquadern (Seitenfront) verblendet. Im Innenrund war weißer Granit vorgesehen.
Der sattweiße Bereich im Modell wurde 1:1 in Oberklausen in Holz errichtet.

Im Hintergrund ist der „Stadionberg“ mit der Baumkrone zu sehen. Unten Häuser. Rechts die Kreisstraße. Über diese beiden Größen lässt sich das finale Stadionmodell an den Hang anpassen.

So hätte das Stadion mit dem ersten Entwurf von 1937 im Maßstab 1:1 am Hang in Oberklausen ausgesehen. Im Modell rechts ist ebenfalls ein Bereich ausgespart: dieser gibt den Blick auf den jetzigen Hang frei.
Die Höhe und Anzahl der Zuschauerränge zum Modell von 1940 war mit rund 83 Metern identisch. Im Modell ist rechts ist ein Bereich ausgespart: dieser gibt den Blick auf den jetzigen Hang frei – die Proportionen bzw. Höhen stimmen. Das sattweiße Tribünensegement in der Modellaufnahme wurde real 1:1 in Holz errichtet.

Zum für Nürnberg geplanten „Deutschen Stadion“ existieren viele unterschiedliche Größenangaben. Warum? Über die Jahre (1937-1940) würde alles immer größer geplant und gezeichnet. Links (Planung von 1940) erkennt man, dass die Attika-Zone viel wuchtiger ausfällt. Kein Adler auf dem Seitenturm, sondern drei Personen, die eine Feuerschale tragen. Der Turm links ist auch höher geplant als im Jahre 1937. Rechts erkennt man die „bekannte“ Adlerfigur und die schwach ausgebildete Attika-Zone. Als Abschluss waren Feuerschalen geplant. In beiden Motiven ist ein Bereich ausgespart – ein Blick auf den jetzigen Hang ist so möglich.


Zu den Baumaßen existieren so viele unterschiedliche Angaben. Wir haben recherchiert und können sichere Maße nennen:
1937 (1. Modell); Höhe Außenseite: 84 Meter; Höhe der Türme (inkl. Adler): 121 Meter.
1940 (2. Modell): Höhe Außenseite: 96 Meter; Höhe der Türme (inkl. Figuren): knapp 128 Meter.

Beim Nahblick auf die beiden rekonstruierten Tribünen-Segmente erkennt man, dass sie jetzt beide unter den Bäumen liegen würden (siehe Fundamente). Oben links ist der finale Attika-Abschluss zu sehen. Die Tribünen endeten damals unter der Hangoberkante. Die linke Tribüne, die ältere, scheint damals weiß gestrichen worden zu sein. Sie stand auf Holzstelzen, um ein Unterspülen durch Regen und Schmelzwasser zu verhindern. Und um den geplanten Neigungswinkel exakt erreichen zu können. Die rechte Tribüne ist niedriger angesetzt; das Holz ist ohne weißen Farbanstrich. Daher wurde dieses Segment wohl nach dem Hitler-Besuch als zweites errichtet. Die repräsentativ-weiße „Granit“-Optik spielte danach keine Rolle mehr.
Wichtig: die Tribünen ragten damals bis über die jetzige, aufgeschüttete, Straße hinaus. Für den kompletten Blick nach oben müsste man auf der Wiese darunter stehen.

Die alles entscheidende „Gretchenfrage“: Hätten die ganz oben auf der Tribüne sitzenden Personen „unten“ eigentlich etwas erkannt, gesehen und gehört? Wir sagen grundsätzlich ja; von oben konnten wir das Alter und das Geschlecht von Personen unterscheiden (Dorfbewohner und Rennradfahrer). Auch die Gespräche und Stimmen von Ortsbewohnern waren von ganz oben gut zu hören.
Auf dem Motiv ist unten in der Mitte eine Person zu erkennen (rechts eine Vergrößerung des Bildausschnitts).

Hier ein weiterer Blick „in die Tiefe“ (von weiter oben). Der Ort Oberklausen ist gut zu erkennen – Höhe Null. Unten am Hang verläuft eine zweispurige Kreisstraße. Die Tribüne reichte damals über die jetzige Straße hinaus. Die Aufnahme entstand im März 1938.
Unten am Bildrand ist der markante Felsen zu sehen – dieser ist der ideale Standort für einen kompletten und optisch richtigen Blick nach unten.

Dieses Motiv zeigt den Besuch des Modells durch Albert Speer im März 1938. Es ist (nach unserer Kenntnis) nur das linke hölzerne Tribünen-Segment, mit weißer („Granit-Optik-„) Farbe bemalt, zu sehen. Dieses endete unterhalb des Hanges. Oben in der Mitte der Tribüne ist ein Block von Personen zu erkennen (siehe Bild zuvor). Die Tribüne würde jetzt jetzt unter den Bäumen liegen (siehe Fundamente).

Das Originalfoto für diese Montage entstand ebenfalls im März 1938. Der Blick geht von der heutigen Straße nach oben (siehe Gruppe oben in der Mitte). Die Bank der Bushaltestelle dient als Vergleichsmaßstab für die Personen im Bild. Der unterste Rang der Tribüne liegt heute auf Straßenhöhe – und würde über diese hinausgehen.

Der schräge Blick aus Norden zeigt die fertig gebauten Tribünen (mit Attika links). Man beachte in den unteren Segmenten den schrägen Winkel der Bereiche ohne Sitze. So konnte bei Regen oder Schneeschmelze das Wasser nach hinten ablaufen. In den erhaltenen Betonsockeln sind Drainage-Rohre und -öffnungen zu erkennen. Beide Tribünen würde jetzt am Hang unter den Bäumen liegen.

Dieser seitliche Blick auf den Hang zeigt die baulichen Endphase: der massive Holzbau rechts wurde eigentlich seitenverkehrt gebaut. Der große Jochbogen wäre nur an der Außenseite des Stadions zu sehen gewesen (siehe drittes Motiv).

Im Internet kursiert ein Bildmotiv, das einen Wachsoldaten sitzend auf einem Felsen zeigt. Diesen überwucherten Felsen gibt es noch. Wir nahmen eine ähnliche Bildposition ein. Das Motiv zeigt den finalen Bauzustand. Das Baugerüst am rechten Modellblock stand wahrscheinlich bis Kriegsende.

Anmerkung:
Die verwendeten Schwarz-Weiß-Abbildungen wurden antiquarischen Ansichtskarten und Büchern entnommen. In Urheberrechtsfragen bitten wir ggf. um eine Kontaktaufnahme.
Wir verweisen auf §24 UrhG (Werke mit einer neuen „Gestaltungshöhe“ sowie „Abstand“ zum Originalbild). Mit unseren Abbildungen haben wir etwas Neues geschaffen.